Dienstag, 17. Juni 2014

Unterwegs - Tag 2: Schadeleben - Magdeburg

schon wieder früh aus dem Bett gesprungen, schon wieder kurz nach acht auf dem Weg – was ist denn mit uns los? (Starthilfe: der 18-Uhr-Termin des Sohnes mit dem Fernseher :)) --- der Tag beginnt mit einem Stück klavierlackglattem Asphalt, wir wähnen uns schon verirrt, doch hinter der nächsten Ecke wieder Rüttelasphalt und Schüttelschotter des R1, dichtflankiert von Gräsern inklusive Brennnesseln (meine hosenfreie Wade zählt jede einzelne), unsere Helme sammeln Blätter für ein ganzes Herbarium ein, also alles bestens; heute dann noch eine neue Variante: Betonplattenweg á la DDR-Autobahn, nur in klein, für Radreifen angepasst, so dass es auch hier so richtig schön dedupp-dedupp-dedupp macht --- familienintern sind wir übrigens uneins bei der Bewertung der Wegequalität: während der Sohn in seinen noch nicht wachsenden Bart grummelt, so habe er sich eine Radtour ja nicht vorgestellt, denke ich bei mir ein Oh-doch, weil nämlich unsere Einsamkeit (so gut wie kein Radfahrer bis zur Elbe) wohl genau daher rührt und ich dankbar bin: für die Stille und das Alleinsein mit der wunderbaren Geräuschewelt, in der ich mich schweigend verliere --- zum Abschied schenkt uns der R1 eine totalgesperrte Brücke und damit einen Querfeldeinweg durch verwunschene Gehöfte, über verschlungene Pfade, durch Flüsschenauen, in denen ich mich niederlassen könnte … weiter aber geht es mit Straßen- und Radwegehopping quer durch nach Schönebeck, u.a. auf dem Börde-Hamster(sic!)-Radweg (ja, dunkle Erinnerung an den Geographieunterricht: Magdeburger Börde – Kornkammer der DDR, oder so) --- der Sohn macht heute wirklich Tempo und wirft mir über die Schulter zu, ich könne mir ja ein Ebike kaufen (pa, dann fahre ich eben ab nächstem Jahr nur noch mit dem kleinen Kind) --- Tempo haben wir auch was die Ernährung angeht: wir passieren etliche frischfassaden-, (sitz)bank- und gastronomiefreie Ortschaften, hoffen immer auf die nächste, lassen dann aber Schönebecks Einkehrmöglichkeiten mangels Gemütlichkeit aus, um anschließend festzustellen, dass der Elberadweg montags-dienstags Ruhetag hat, gastronomisch gesehen – jedenfalls ernähren wir uns von am Feldrand schnell eingeworfenen Bananen, Studentenfutter, Müsliriegeln (und Kirschen, wieder)– und überleben auch das (wobei ich gestehe: so eine Sitzpause hat ihren Wert – und morgen werde ich welche einfordern) --- berührende Erlebnisse vom Wegesrand: dass so viele Menschen lächeln, wenn man sie grüßt, und dann wieder diese bitterarmen Orte (mittendrin in einer ein „Wohnpark“ mit Edelvillen, umzäunt – ein Stück Südafrika mitten in Ostdeutschland???), und der Friedhof an der Elbe, auf einem Gedenkstein der Name meines Großvaters, den ich nie kennengelernt habe, hier war ich wohl nur als Kind mal, wir sitzen lange davor, still --- und dann treten wir weiter durch die Elbauen --- merke: in einem Land mit vielen Windrädern ist viel Wind, und vorzugsweise ist dieser dem redlichen Radler entgegengerichtet --- wir sind trotzdem mittags bei 50 km (mit dem für uns einmaligen Schnitt von 17 km/h) und am frühen Nachmittag in Magdeburg, so dass wir vor Quartiersbezug noch ein warmes Mittagessen in den Bauch bekommen, durch den Dom und seinen Kreuzgang treiben (man wird ganz still und ergriffen in diesen Räumen), und danach im Café des Hundertwasserhauses sitzen (durch welches ich mich nun überhaupt nicht ergriffen fühle) --- der 18-Uhr-Termin ist locker geschafft, der Sohn darf sogar beim netten Vermieter mit am Großbildschirm schauen (und ich ruhe ruhig im Zimmer derweil), nur das anschließende Getöse in der Stadt beängstigt, und die jungen Menschen, die betrunken auf einem Elbbrückengeländer hoch über dem Fluss turnen --- wir schlendern noch durch eine stille Ecke der Stadt, sitzen am Fluss, reden über den Tag und so manches – und das äußerlich herumhüpfende Glück des Kindes (nee, nicht wegen Fußballtoren) überträgt sich auf mich, mindestens im Innern, ja.

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