Donnerstag, 9. Juni 2011

Gestern

Hier habe ich ein Bild gefunden. Wie geschaffen zum Erzählen über meinen gestrigen Tag. Ob das beim Schreiben hineingelegt war, was ich jetzt herauslese, weiß ich nicht. Aber das ist nicht wichtig. Ich finde in dem Bild meinen gestrigen Tag.
(Und ich danke Dir dafür, liebe Gabriela, weil ich damit nicht nur einen Faden ins Gestern, sondern vor allem einen Faden ins Ich gefunden habe. Wenn auch noch keine rote Nase ...)

Da sollte ich gestern also mit Bällen jonglieren. Sagen wir: mit dreien.
Eigentlich kann ich das. Glaube ich. Nein: weiß ich. Im Prinzip jedenfalls. Vielleicht mit einer ganz eigenen Technik, aber ich kann das. Die Bälle fliegen, so dass man es Jonglieren nennen kann.
Gestern aber sollte ich es vorführen. Und das ist immer so eine Sache. Punktgenau bereit sein, nach außen sichtbar machen, dass ich kann, was ich kann, genau jetzt, genau in der zur Verfügung gestellten halben Stunde, genau mit den Bällen, die mir in die Hand gedrückt werden. --- Das liegt mir nicht.
Ich hatte also Angst. Ich wusste, dass ich es auf Abruf vielleicht doch nicht schaffe.
Und jonglierte los.
Nein, es ist nicht so, dass mir alle drei Bälle hinunterfielen, jedenfalls nicht ständig. Sie flogen. Hin und her. Im Kreis. Auf und ab. All das.
Aber nicht immer glatt von Hand zu Hand. Es holperte und ruckelte. Ich stolperte und schummelte.
Genau genommen weiß ich gar nichts: Ob einer zu Boden fiel, oder alle, oder ob ich sie immer kurz vorher aufgefangen habe? Ob ich alle drei stets im Auge hatte, oder ob ich einen unbeachtet ließ – für eine Weile oder gar die ganze Zeit, ob ich einem jeden die gleiche, oder nein: die angemessene Beachtung geschenkt habe?
Und ob die Beobachter das selbe wahrgenommen haben wie ich, oder ob sie die Flugbahnen ganz anders beurteilten? Ob sie genau diese Bahnen, diese Wurf- und Fangtechnik sehen wollten? Ob sie gesehen haben, was mir gänzlich verborgen blieb? Ob sie blind waren für das, was ich sah? Ich weiß es nicht. Überhaupt nicht.
Doch – ein bisschen was weiß ich:
Hinterher fielen mir Würfe ein, die ich ausgelassen habe. Obwohl ich sie beherrsche. Und die grundlegend sind, die einfach dazu gehören.
Je länger ich drüber nachdenke, um so mehr solcher Würfe fallen mir ein. Ausgelassene. Leider nicht gezeigte. Sooo viele.
Aber noch etwas anderes weiß ich:
Den einen Ball, den ganz besonders runden, warmroten, sensiblen, den habe ich sehr liebevoll geworfen. Ganz ohne klatschendes Geräusch. Den habe ich nie aus den Augen verloren. Den vermochte ich stimmig, rund, behutsam zu werfen, immer wieder. Genau vor diesem Ball hatte ich größten Respekt. Und genau dieser fügte sich mir passgenau in die Hand, genau auf diesen konnte ich mich wunderbar einlassen.
Ob die Beobachter das wahrgenommen haben? Oder ob für sie die warmrote Farbe dieses Balles kalt oder blass oder unsichtbar bleibt? Und meine Würfe mit ihm auch … dann weiß ich auch nicht. Dann bin ich vielleicht wirklich nicht die richtige für diesen Zirkus. Dann fehlt mir nicht nur eine rote Nase, sondern auch das passende Kostüm, die passende Maske.
(Sagt der Kopf. Und hoffentlich irgendwann auch mein ganzes Ich.)

Und so sinniere ich hier über den gestrigen Tag. Es tut ein bisschen weh, es tröpfelt dunkel hinein. Ich tue mich schwer zu sagen: Es ist wie es ist.
Was schwingt da alles mit? Unzufriedenheit, Ärger über mich, Verbohrtheit in diesen einen Weg, mangelndes Wahrnehmungsvermögen für mich selbst, ein Quäntchen (oder gar mehr) Eitelkeit, fehlender Selbstwert, Perfektionswille … all so was? Ich suche noch.

Es ist mal wieder sehr schwierig mit mir …

3 Kommentare:

  1. Ich denke, wir selbst sind es, diese Bälle, die da zusammen spielen, oder auch abweichen von einander.

    Jonglierend mit Verantwortung um das Jetzt, mit Sehnsucht und mit Verlangen.

    Lasst uns die Bälle fliegen, sich formieren dürfen, damit unsere Hände zupacken, greifen können.

    Eine gute Nacht wünsch ich Dir, liebe Uta!
    Barbara

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  2. Ja, man kann es als so vieles lesen, dieses Ballbild: die Dinge, die uns begegnen, die auf uns zukommen --- unsere Aufgaben --- unsere Gefühle --- die Dimensionen unserer Lebenswirklichkeit. Und immer sollen unsere Hände mit ihnen spielen, sie weich umfangen, sich von ihnen führen lassen.
    Gestern dagegen, da wollte ich alle herumliegenden Bälle gleichzeitig greifen und alles "schaffen", über alles die Kontrolle behalten, die "Dinge" im Griff haben. Wie so oft ...
    So war dieses Bild ein Erkennensschritt. Immerhin, ich sehe jetzt deutlicher. Und bin einen Schritt weiter gekommen, wie ich damit umgehe, sollte ich mir gestern damit die Stelle verbaselt haben.
    Dir auch eine gute Nacht und einen lieben Gruß
    Uta

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  3. Der warmrote, das war der Wichtigste. Wirklich. Und wenn das nicht so rüberkommt, dann wärst Du im falschen Zirkus und würdest mit der Zeit Dein Herz so sehr beiseite stellen müssen, dass es nicht gut wäre.
    Vertraue.

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