Mittwoch, 23. März 2011

Zwischenmenschliches

An ihrer Schule sei ein japanisches Kind angemeldet worden, erzählte mir die Lehrerin-Freundin gestern. Ein deutsch-japanisches, ein japanisch-deutsches. Vielleicht für zwei Wochen, vielleicht wird er bei Euch Abitur machen, habe die Mutter bei der Anmeldung gesagt. Eine Wohnung hätten sie, die habe sie über all die Jahre behalten, immer für den Heimaturlaub genutzt. Diesmal sei es kein Urlaub.
Die Zeile mit den Angaben des Vaters im Schulcomputer muss leer bleiben.
Später erzählt die Mutter der Klassenlehrerin: Sie bekomme keinen Kontakt zu ihrem Mann, nicht in der Firma, nicht per Telefon, nicht per Handy, nicht per Mail. Nein, es sei ganz sicher nichts passiert. Alle Nachbarn, alle Freunde seien erreichbar, dort sei "alles in Ordnung". Nur ihr Mann - der verweigere den Kontakt, lasse sich verleugnen. Weil sie das Land schmählich im Stich gelassen habe ...

Er wird wohl doch bei Euch Abitur machen, sagt sie dann. Und vielleicht wird die Zeile mit den Angaben des Vaters im Schulcomputer für immer leer bleiben müssen. Aber das ergänze nur ich in Gedanken.
Wie teuer diese Mutter Sicherheit und Gesundheit ihres Kindes bezahlen muss! Eine zwischenmenschliche Tragödie am Rande der großen ...

4 Kommentare:

  1. Durch seine Musik hat mein Mann viel Kontakt mit japanischen Musikern und wir sind häufig sehr beeindruckt, wie fremd uns die japanische Mentalität ist. Ich kann diese Mutter so gut verstehen, kann begreifen, wie unendlich schwer ihr diese Entscheidung gefallen sein muss - doch ich versuche auch den Vater zu verstehen, dem das Handeln seiner Frau einen grausamen Gesichtsverlust beschert. Diese Naturkatastrophe und alle Folgen werden dieses geschundene Land noch lange beuteln.
    Nachdenkliche Grüße
    Susanne

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  2. Ja, solche Zerreißproben in Familien, durch Grenzsituationen ausgelöst, sind für alle Seiten eine Tragödie - da gibt es nicht "Recht haben" und "Unrecht haben". Gerade bei Interkulturellem.
    Nein, ich wollte mit diesem Eintrag überhaupt kein Urteil über den Vater sprechen. Wie tragisch auch für ihn, sein Kind und seine Frau zu verlieren ...

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  3. Vielleicht ist es für die Mutter ja auch eine Befreiung? Ein Land mit dieser Informationspolitik und den Leuten, die in Interviews immer noch erklären:" Sie haben doch gesagt, dass es ungefährlich ist?", kann man nur verlassen, oder?

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  4. Immerhin hatte sie zehn Jahre dort gelebt, es war ihre Wahlheimat, sie hat Familie und Freunde gefunden. Und das Kind erst ...
    Ein schmerzhafter Riss im Lebensweg, ganz gleich wie und wo sie alle drei weiterleben werden.

    Und übrigens: Auf die hiesige Informationspolitik würde ich mich im Ernstfall auch nicht verlassen wollen :(

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