Freitag, 14. Mai 2010

Ballonfahrt

Lenkten einzig all die Momente tiefempfundenen Glücks und das Licht, das ich seelentanzend erblicke, meinen Weg durch diese Welt, dann hätte sich mein Ballon wohl längst aus irdischen Sphären gelöst. Dann befände ich mich in fernen Höhen, oberhalb jeder Atmosphäre möglicherweise.
Ob dort oben nicht Kälte herrschte, ob wohl genug Luft zum Atmen wäre?
Ich weiß es nicht.

Denn so hoch fliege ich nie. So hoch lassen sie mich in meinem Ballon nie steigen: all die Seile – dicke Taue und dünne Fädchen – meiner Traurigkeiten. Manchmal darf ich weit hinauf, darf für längere Zeit hoch oben schweben und gleiten. Doch irgendwann ziehen sie mich wieder hinunter: die Trauerseile, deren konkreten Namen ich benennen kann, und die Traurigkeitsahnungsfädchen von Dingen, die mir in einem früheren Leben geschehen sein müssen.
Alle zusammen sind mir Bodenhaftung. Immer schon gewesen …
Hin und wieder zerreißt eines der Seile, zuweilen kappe ich eines aus eigener Kraft. Doch es wachsen neue. Ja, die Aufschriften der Seile haben in meinem Leben häufiger gewechselt. Und unverändert dicht bleiben daneben die vielen Ahnungsfädchen bestehen, ein mich am Boden haltendes Traurigkeitsnetz.

Für heute liegt mein Ballon fest vertäut am Erdboden. Diese Zeiten haben ihren Sinn. Ich weiß das, auch wenn durch eine jede wieder schwer zu gehen ist. Nur hier am Boden habe ich die Chance, meinen Ballon neu zu befüllen – mit Vorräten, mit Brennstoff, mit Nahrung, die ich benötigen werde. Wenn ich wieder weiter oben fliegen werde, in einer Luft, in der es freier zu atmen ist. Dann werde ich um die Nahrungsvorräte meiner Bodenhaftungstage dankbar sein …

2 Kommentare:

  1. Tiefes Erkennen!
    Es tut in aller Traurigkeit gut, wenn man in den Zeiten des Festvertautseins in diesem Traurigkeitsnetz dennoch das Wiederaufsteigen ahnen kann. Ich kann mich gut daran erinnern, wie es mir zum ersten Mal so ging, dass ich wusste: Dieses Tal ist nicht das Ende, sondern führt mich langsam, Schritt für Schritt, auf den nächsten Gipfel. Das Auf und Ab zu erkennen, anzunehmen, das eine mit dem anderen zu verbinden, füreinander fruchtbar zu machen...

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